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Details

Smartes Quartier Jena-Lobeda: Smart Home und Telemedizin

Ort:
Stadt Jena
Einwohnerzahl:
mehr als 100.000
Themenfeld/er:
Daseinsvorsorge  
Energie  
Projektträger:
Stadtwerke Jena Gruppe
weitere Projektbeteiligte:
Stadt Jena, 6 Unternehmen der Stadtwerke Jena Gruppe, Uniklinik Jena, Zollsoft GmbH, GeHome, verschiedene Ärzte und Praxen
Projektlaufzeit:
Smartes Quartier: 2019-2024; Telemedizin: 2024-2027
Projektstatus:
Smartes Quartier: abgeschlossen; Telemedizin: in Umsetzung
Finanzierung/Förderung:
12,6 Mio. € Darlehen + 1,9 Mio. € Tilgungszuschuss zur Unterstützung soz. Wohnungsbau (TMIL); 750.000 € MPSC; 80.000 € Energetische Wohnungssteuerung (TMWWDG)

Beschreibung

Ziel des Projekts der Stadtwerke Jena Gruppe war es, Mieter im Alltag zu entlasten, ihre Lebensqualität zu steigern und neue Formen des urbanen Zusammenlebens zu erproben. Mit den vier Projektbausteinen Wohnen und Energie, Einkauf und Logistik, Gesundheit sowie Mobilität ist das Projekt breit aufgestellt. Zwei zentrale Schwerpunkte fassen die Umsetzungsphasen prägnant zusammen:

  1. Sanierung und Digitalisierung für zukunftsfähiges Wohnen
  2. Vernetztes Wohnen und moderne Gesundheitsversorgung

Das Smarte Quartier Jena-Lobeda wurde 2022 mit dem Smart Home Award ausgezeichnet.

Projektverlauf

Die Ursprungsidee, ein Smart Village zu entwickeln, entstand bei den Geschäftsführungen der Stadtwerke Energie und jenawohnen. Ziel war es, Daseinsvorsorge ganzheitlich zu denken – Wohnraum sollte gemeinsam mit Mobilität, Versorgung und Gesundheit geplant und umgesetzt werden. 

Projektphase I (2019–2023): Smarte Sanierung eines Wohnquartiers

In der ersten Projektphase stand die umfassende Sanierung eines bestehenden Wohnquartiers im Mittelpunkt.  Dabei entschieden sich die Stadtwerke bewusst für die Modernisierung von drei Bestandsgebäuden mit insgesamt 255 Wohnungen – ein Schritt, um die vorhandenen Strukturen nachhaltig zu nutzen.

Für die Dauer der Sanierungsarbeiten zogen alle Bewohner aus ihren Wohnungen aus. Ihnen wurden alternative Wohnungen in anderen Quartieren zur Verfügung gestellt, mit der Option, nach der Sanierung wieder in das ursprüngliche Gebäude zurückzuziehen.

Die Gebäude selbst wurden technisch und energetisch auf den neuesten Stand gebracht:

  • Jede Wohnung erhielt einen Glasfaseranschluss mit einer Übertragungsrate von 1 Gbit/s.
  • Die gesamte Elektrik sowie Fenster wurden erneuert.
  • Die Gebäudefugen erhielten eine neue, verbesserte Wärmedämmung.

Ein zentraler Bestandteil der Sanierung war die Integration von Smart-Home-Technologien:

  • Intelligente Heizungssteuerung, steuerbare Lichtquellen und Steckdosen unterstützen eine energieeffiziente Nutzung.
  • Sensoren zur Messung der Luftfeuchtigkeit helfen, die optimale Belüftung zu ermitteln.
  • Video- und Gegensprechanlagen erhöhen die Sicherheit.
  • Auch das Wohnumfeld wurde konsequent „smart“ gedacht: Ein eigens eingerichteter Telemedizinraum ermöglicht ärztliche Beratung und einfache Diagnosen vor Ort – ohne lange Wege.

Um den Neueinzug nach Abschluss der Sanierung zu begleiten und die Bewohner beim Ankommen im „smarten“ Quartier zu unterstützen, wurde ein professionelles Community Management eingerichtet. Es dient als zentrale Anlaufstelle für Fragen, Hilfestellungen und die Förderung nachbarschaftlicher Vernetzung.

Projektphase II (2024–2027): Gesundheit im Fokus

In der zweiten Projektphase liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Gesundheit. Die Projektbeteiligten erhielten eine Förderzusage im Rahmen des MPSC-Programms, Handlungsfeld II, bis Juli 2027.

Projektjahr 1: Grundlagen schaffen

Meilenstein 1 – Kick-off am 01.03.2024:

Das Kick-off-Meeting brachte Vertreter verschiedener Berufsgruppen zusammen: Apotheker, Ärzte, Betriebswirte, Vertreter des Universitätsklinikums Jena, von Wohnungsunternehmen, Krankenkassen und der kassenärztlichen Vereinigung entwickelten gemeinsam in einem Workshop erste Ideen für Betreibermodelle und Umsetzungsmöglichkeiten. Die Projektvorstellung stieß auf breite Zustimmung und es wurden konkrete Handlungsschritte erarbeitet. Aus den Teilnehmenden bildete sich später eine feste Steuerungsgruppe.

Meilenstein 2 – Raumausstattung:
Die Projektbeteiligten diskutierten intensiv über die Anforderungen an den Telemedizinraum. Im Mittelpunkt standen Fragen wie:
Was benötigt der Patient? Was braucht der Arzt? Welche Technik ist erforderlich? Zu den identifizierten Anforderungen gehörten:

  • gute Lichtverhältnisse
  • ergonomische Bestuhlung
  • Monitore/Tablets
  • Hygienevorgaben (z. B. Desinfektion)
  • Wasseranschluss und Sanitäreinrichtungen
  • mobile Ausstattungen wie einen medizinischen Koffer und eine Behandlungsliege

Mehrwert: Diese Leitlinien können auch anderen Kommunen zur Orientierung dienen.

Schlüsselakteur: Ein Oberarzt des Universitätsklinikums Jena war stets involviert – er brachte sowohl seine fachliche Expertise als auch konkrete Patientenbeispiele ein.

Herausforderung: Eine zunächst geplante Maßnahme – ein zweiwöchiges Therapieangebot für Patienten mit fazialer Parese in Gesundheitswohnungen im achten Stock – wurde bislang noch nicht umgesetzt.

Projektjahr 2: Technik auswählen und integrieren

Ein zentrales Problem war die Frage der Telemedizin-Software: Die kassenärztliche Vereinigung übernimmt die Kosten nur, wenn bestimmte proprietäre Systeme verwendet werden – Open-Source-Lösungen sind ausgeschlossen, deren Anschaffung ist über gängige Förderprogramme jedoch nicht möglich. Eine weitere Herausforderung: Ärzte nutzen je nach Fachrichtung unterschiedliche Softwarelösungen – sowohl für Terminbuchungen als auch für die Durchführung der Videosprechstunden. Als Übergangslösung wurden auf dem Tablet im Telemedizinraum verschiedene Kacheln mit Schnittstellen eingerichtet, z. B.: Verbindung zum UKJ über „Patientus“, Schnittstelle zur Software „Zollsoft“.

Buchung: Derzeit erfolgt die Terminvergabe manuell über den Community Manager, da ein digitales Buchungssystem noch nicht eingeführt wurde. Neben technischen Hürden zeigt sich auch, dass viele Bewohner weiterhin analog orientiert sind.

Aktivitäten zur Beteiligung: Um Bedürfnisse und Nutzungshürden zu verstehen, wurden Themennachmittage organisiert. Ziel war es, den Zugang zum Telemedizinraum niedrigschwellig zu gestalten und die Bewohner zur aktiven Nutzung zu ermutigen.

Ergebnisse: Aktuell finden ein- bis zweimal pro Woche Sprechstunden im Telemedizinraum statt. Zudem können Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) sowie E-Rezepte direkt vor Ort ausgestellt bzw. abgeholt werden.

Mehrwert

Sanierungsvorhaben:

Die Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele liegen in der intelligenten Verknüpfung von Wohnen, Energie und Digitalisierung – sowie in einer engen, nutzerorientierten Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten. Die Entscheidung, bei der Fassadensanierung des WBS-70-Gebäudetyps auf eine zusätzliche Wärmedämmung zu verzichten, hat sich in der Praxis bewährt und ist eine wichtige Erkenntnis für vergleichbare Sanierungsvorhaben. Die intelligente Heizungssteuerung hat sich als wirkungsvolles Mittel zur Reduzierung des Heizenergieverbrauchs erwiesen – mit Einsparpotenzialen von bis zu 30 Prozent im Zusammenhang mit der durchgeführten Sanierung. Gleichzeitig ist die verbaute, kabelgebundene Variante der Steuerung mit hohen Investitionskosten und einem erheblichen Einbauaufwand verbunden. Für eine breitere Anwendung, insbesondere im bewohnten Wohnungsbestand, wird diese aktuell weiterentwickelt. Die Stadtwerke Jena verfolgen hierbei das Ziel, die Anzahl der Hardwarekomponenten zu reduzieren und auf eine Funklösung umzustellen.

Telemedizin: 

Mit dem Telemedizinraum wurden konkrete Leitlinien entwickelt, die die Umsetzbarkeit an anderen Standorten ermöglichen. Weitere Gemeinden – wie Crossen an der Elster und Langenwollschendorf – haben bereits Interesse an einer Zusammenarbeit mit den Projektbeteiligten in Jena signalisiert.

Fazit & Ausblick

Was ist das Erfolgsrezept für den Aufbau eines Telemedizinraums?

  • Die Bewohner sind der Startpunkt: Das Angebot soll gemeinsam mit ihnen entwickelt werden, um die spätere Nutzung zu sichern.
  • Die Gemeindevorsitzenden aktivieren: Diese sollen frühzeitige Befürworter des Projekts werden.
  • Einen Arzt / eine Arztpraxis als Mitstreiter beim Start der Planungen einbinden: Diese wird zur zentralen Figur des Projekts.
  • Einen Raum wählen, der den Vorschriften entspricht (barrierearm/-frei).
  • Zentrale Lage sichern: Erreichbarkeit und Sichtbarkeit des Raums sind sehr wichtig.
  • Bereitschaft der Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigungen suchen: Hierfür die regionalen Akteure einbeziehen.
  • Bespielung vor Ort: Eine Person soll Unterstützung leisten (können nichtärztliche Praxisassistentinnen und -assistenten (NäPA) sein, muss aber nicht in jedem Fall).
  • Projekt durch Sensibilisierungstermine und begleitende Formate unterstützen: Digitale Kompetenzen der Nutzenden steigern. Beispiel: Die Zahlcodeöffnung für den Raum wird derzeit in Jena nicht genutzt, weil viele Nutzende die E-Mails nicht lesen.
  • Förderrahmen frühzeitig prüfen: Zum Beispiel Einschränkungen der Fördergelder rechtzeitig identifizieren und in die Planung einbeziehen. Im Fall Jena konnten bestimmte Kosten nicht über das Förderprogramm MPSC finanziert werden, da die Telemedizin-Software nicht Open Source ist.

Betreibermodell noch offen:

Derzeit ist noch unklar, wer die Kosten für den Telemedizinraum nach Ende der Förderung tragen wird. Ein solides Betreibermodell soll bis zum Projektende erarbeitet werden.

Derzeit sind folgende Kostenarten entstanden:

  • Ausstattung
  • Miete für den Raum
  • nichtärztliche Praxisassistentinnen und -assistenten (NäPA) → wird je nach Fachteam benötigt
  • Lizenzen für die Software
  • Externe Beratung spielt aktuell eine große Kostenrolle (Jena wird jedoch eine Handreichung bereitstellen, sodass solche Kosten für weitere Kommunen deutlich geringer ausfallen könnten).
  • Öffentlichkeitsarbeit

Für das Teilprojekt Telemedizin ist das angestrebte Ziel, das Telemedizinangebot weiterzuentwickeln und den Raum im Quartier stärker zu etablieren. Der Wunsch der Projektbeteiligten ist es, dass es von noch mehr Ärzten und Bewohnern angenommen und fortgeführt wird. Hierfür wird die Weiterentwicklung des Betreibermodells bis zum Ende des Projekts entscheidend sein. Eine Öffnung für alle Bewohner der Stadt Jena ist geplant.

Weiterführende Informationen

Kontaktdaten

Mandy Steinbrück
Referentin der Geschäftsführung
Stadtwerke Energie Jena-Pößneck GmbH
Rudolstädter Straße 39,  07745,  Jena,  Deutschland
+49 3641 688-212

Zur Webseite des Projektträgers  

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